Zur vermeintlichen Anschlussfähigkeit rechter Phantasmen an die Waldorfpädagogik und ihr Konzept

In: Journal für Waldorfpädagogik Nr. 3, Nov. 2021, S. 6-21, https://www.forschung-waldorf.de/fileadmin/dateien/downloads/JfW/JfW3_Freie_Schule_h.pdf

Die Grundlagen – Abgrenzung und Interpretationsraum

Dass die Waldorfpädagogik einen Anschluss für rechte Phantasmen bieten könnte, scheint mit Blick auf ihre Entwicklung in den letzten 100 Jahren und besonders ihre aktuelle Ausrichtung ziemlich abwegig. Vor Jahren, nach der Kündigung des Schulvertrages einer Familie aus dem rechtsextremen Spektrum, schrieb der Vater, ein damals ranghoher und zum revolutionären Flügel gehöriger NPD-Kader (der einen in Teilen falschen Namen angab), dass »wir« doch die gleichen Ideale hätten. Hierbei unterschied er lediglich, dass er diese aus »heimattreuer« Perspektive vertrete, und beklagte, dass er sich unberechtigt diskriminiert und ausgegrenzt fühle – zu allem Überfluss verwies er dabei auf die »Stuttgarter Erklärung«. Dass dies ein Widerspruch war zu dem, was allein im Internet (auch an Selbstverlautbarungen) und in einer Presseerklärung des Landesverfassungsschutzes in Hamburg zu lesen war, mag dann allerdings doch nicht überraschen. Signifikant ist, dass die rechte Szene zunehmend die Strategie verfolgt, nicht anzuecken, moderat zu wirken, gerade darüber Einfluss zu gewinnen und vor allem: als Rechte nicht aufzufallen.1 So auch an der Schule.

Infolge dieser Kündigung, in deren Zusammenhang sich auch andere Elternhäuser als auffällig erwiesen, wurden an der Schule Informationsveranstaltungen mit anschließenden Diskussionsformaten organisiert. Hierbei wurde deutlich, dass den Betroffenen missverstandene und verfälschte Grundprinzipien der Waldorfpädagogik als Projektionsraum für ihre verdeckten völkischen und rechten Phantasmen dienten, so etwa die Abgrenzung zum Staat, eine numinose Spiritualität, die handwerklichen Schwerpunkte, die vermeintliche Schollenverbundenheit beispielsweise in der frühen Klassenlehrer:innenzeit, das »antikapitalistische Genossenschaftswesen«, das Autoritätsprinzip der Klassenlehrer:innen, nordische Mythen etc. Umgekehrt scheint ein fehlendes Wissen um die rechte Szene dazu zu führen, dass rechtsradikale Eltern oder Unterrichtende nicht als solche erkannt werden.2 Aus diesem Grund scheint es sinnvoll, im Rahmen dieses kurzen Beitrags einen paraphrasierenden Blick auf diese rechten und völkischen Phantasmen zu werfen und diese auf ihre vermeintlichen Anknüpfungspunkte an die Waldorfpädagogik hin zu reflektieren. Hierfür wurden vier Aspekte ausgewählt: einmal der institutionelle und juristische Unterschied zwischen Anthroposophie und Waldorfpädagogik (als »Brand«), die Struktur der Selbstverwaltung, die »Autorität« der Klassenlehrer:innen und das Thema Gartenbau und gesunde bzw. Bio-Ernährung.

Ursprünglich wuchs die Waldorfpädagogik aus dem Dreigliederungsgedanken und der Idee, über die Erziehung neue gesellschaftliche Impulse zu setzen. So war es ein Anliegen, im postwilhelminischen Deutschland einen Unterricht zu gestalten, der nicht dem einer »Weltanschauungsschule«3 entsprach, sondern eine Methode entwickeln wollte 4. Das Ziel bestand darin, die Heranwachsenden durch einen anthropologisch begründeten, freiheitlichen »ethischen Individualismus« 5 als pädagogisches Primat zu begleiten und in diesem Prozess einen adäquaten und entwicklungsgemäßen Lehrplan zu entwickeln. Damit sind drei für die Entwicklung der Waldorfpädagogik und ihre (auch) zukünftige Einbettung innerhalb der Gesellschaft signifikante Aspekte angesprochen: Die sogenannte »Methodenschule«, die Kategorie »ethischer Individualismus« und der Umstand, dass ein Unterricht curricular und praktisch überhaupt erst entwickelt werden »wollte«.

Gerade der letzte Aspekt ist ein im Diskurs um die Waldorfpädagogik wenig berücksichtigter, zumal die Waldorfschule 1919 zwar auf der Grundlage der pädagogischen Vorträge und Schriften Steiners begründet und weiterentwickelt, nicht aber mit einem fertigen Konzept begonnen wurde. Der tatsächliche Lehrplan und der tatsächliche Unterricht wurden über Jahre hinweg durch das Kollegium entwickelt, an der Praxis überprüft und dann angepasst – auch wenn Steiner bis 1925 als spiritus rector eine wichtige beratende Instanz blieb.6 Aus diesem Grund entstand auch durch den frühen Tod eine für die Unterrichtenden zwiespältige Situation: einmal wurden die Ausführungen Steiners vielfach wie »in Stein gemeißelt« betrachtet und gehandhabt, auf der anderen Seite begann notgedrungen eine zunehmende pädagogische Weiterentwicklung der Waldorfpädagogik durch die Kollegien und das Ringen um die pädagogische Praxis. Damit wurde die Waldorfpädagogik in den letzten 100 Jahren zu einem eigenständigen Organismus, der nach wie vor auf den Schriften Steiners als Inspirationsquelle beruht, aber gerade nach dem Gründungsboom in den späten 1970er Jahren und der auch zunehmenden Akademisierung der Waldorfpädagogik seit den 1990er Jahren einen eigenen Geist bekam und sich in den letzten 15 – 20 Jahren zunehmend aktualisierte. Anders als in der Fundamentalkritik der 1980er und 1990er Jahre angenommen hat sich die Waldorfpädagogik als organischer Organismus schon damals nicht allein auf Steiner fokussiert 7, sondern ist eigene Wege gegangen, auch wenn zu Recht angemerkt wurde, dass sich die Waldorfschulen nach Jahrzehnten kritisch auf ihre Aktualität zu hinterfragen hätten. Damit liegt insofern ein relevanter Aspekt für die Frage nach der Anschlussfähigkeit der Waldorfpädagogik vor, als der zunehmende Missbrauch und die zunehmende Aneignung der Steinerschen Schriften durch die rechte Szene auch ein Kampf um die Deutungshoheit der Anthroposophie ist.8 Allerdings ist an dieser Stelle zu unterscheiden zwischen der urheberrechtlich und juristisch nicht vermeidbaren Aneignung oder Umdeutung von Steiners Werk, wie es einzelne Protagonisten der NS-Zeit bereits versucht haben, und der rechtlich geschützten »Marke« Waldorfschule. Hier bestehen also ganz andere Möglichkeiten, die eigene Deutungshoheit zu nutzen, sich unmissverständlich zu positionieren und inhaltliche Arbeitsprozesse zum Thema anzustoßen und zu begleiten. 9 Die Waldorfschulen haben – trotz aller unverzichtbaren Bezüge zum Werk Steiners – in den letzten 100 Jahren also eine eigene Entwicklung durchgemacht, eigene Standards gesetzt. Mit dem BdFWS als Dachverband wurde nicht nur das Format Waldorfpädagogik inhaltlich, methodisch und ethisch klar umrissen, sondern auch die Möglichkeit gegeben, sich etwa durch die »Stuttgarter Erklärung« deutlich gegen rassistische Positionen und Interpretationen zu positionieren. Die Deutungshoheit für die Waldorfpädagogik liegt damit in der Forschung und dem Dachverband gegenüber den Institutionen und kann nicht einfach durch Dritte übernommen und umgedeutet werden. Damit ist die oben angesprochene offene Arbeit am Lehrplan und der pädagogischen wie didaktischen Praxis seit 1919 innerhalb des Verbandes ein wichtiges Mittel zur Abgrenzung und Klarstellung. Waldorfpädagogik ist aktuell ein organisch gewachsenes Format, das mit voller Berechtigung auch eigene Wege geht.10

Die nächsten beiden angesprochenen Aspekte sind die »Methodenschule« als Gegenmodell zur »Weltanschauungsschule« und der ethische Individualismus als Primat des waldorfpädagogischen Freiheitsbegriffes. Das Ziel der Waldorfpädagogik lag und liegt nach wie vor darin, der aus dem Kaiserreich stammenden und bereits von Bismarck ausgerufenen Parole »Wer die Jugend hat, der hat die Zukunft« dahingehend entgegenzusteuern, dass die Heranwachsenden eben nicht Teil eines indoktrinativen Erziehungsplans würden. Immerhin war es das Anliegen Bismarcks und später auch Wilhelms II., die Schule, insbesondere die Gymnasien, zunehmend den Kirchen zu entziehen und unter staatliche Kontrolle zu stellen. Die Waldorfpädagogik hingegen trat 1919 mit einem anthropologisch begründeten Freiheitsimpuls an, der das Ziel hatte, die Individuation und entwicklungsgemäße Autonomie der Heranwachsenden zu fördern und eben nicht in ein weltanschauliches Modell zu zwingen. Dass dieser Gedanke nicht nur im postwilhelminischen Deutschland (s. o.) aktuell, sondern durch die zwischen 1933 und 1989 in Ganz- bzw. Teildeutschland vorherrschenden Totalitarismen und Erziehungsdiktaturen auch zukünftig relevant werden sollte, zeigte eine Besonderheit der Waldorfpädagogik: Sie stellte sich dezidiert gegen die Vereinnahmung und den politischen Missbrauch der Erziehung und stand damit für eine freie Geisteswelt ein. Unabhängig von den im Nationalsozialismus eskalierten Konflikten in den Kollegien der Waldorfschulen (und anthroposophischen Einrichtungen) über Abgrenzung und Anpassung gegenüber dem Nationalsozialismus 11 ist mit Blick auf die politische Praxis der Erziehung eines deutlich geworden: Waldorfpädagogik und Nationalsozialismus schließen einander aus. Das kann im Rahmen dieses knappen Aufsatzes nur angedeutet werden, zumal weitere Publikationen zum Thema vorliegen.12 Für die Frage nach vermeintlichen Anknüpfungsmöglichkeiten rechter oder verkappt rechter Phantasmen sind diese Ausführungen insofern relevant, als sie vor dem Hintergrund der oben geschilderten Grundlagen der Waldorfpädagogik auch als ethisch begründetes Format kaum plausibel erklärbar sind und eine Philosophie der Freiheit und die Freiheit des Denkens nicht Teil einer identitären Politik sein können, wie es Caroline Sommerfeld meinte verdrehen zu können.13

Über die Struktur das System unterwandern

Damit stellt sich wohl weniger die Frage danach, ob die Waldorfpädagogik anschlussfähig ist, sondern: Auf welche Weise machen rechte bzw. völkisch-nazistische Gruppen sie für sich anschlussfähig? In erster Linie scheint es so zu sein, dass das Interesse an der Waldorfpädagogik, wie sie aktuell gedacht und praktiziert wird, eher im Hintergrund steht bzw. stehen muss, sich jedoch die relativ offenen Strukturen der Waldorf-Schulbewegung für eine Unterwanderung durchaus anbieten. In Form einer Graswurzelbewegung, wie sie beispielsweise bei den sogenannten völkischen Siedler:innen zu beobachten ist 14 und auch für andere völkisch-nazistische Gruppen von Andreas Speit und Andrea Röpke ausführlich dokumentiert wurde 15, mag dies vielleicht deutlich werden. Der Staat wird aus ideologischen Gründen abgelehnt und damit auch das staatlichen Schulsystem, bestehen doch kaum Möglichkeiten, auf dieses Einfluss zu nehmen, abgesehen vielleicht von den besonderen und über die persönliche Bezugnahme erfolgenden Möglichkeiten gerade im ländlichen Raum. Anders die Waldorf-Kitas und -schulen: Diese wurden und werden vielfach als Genossenschaften oder Verein gegründet und sind meist Teil einer Elterninitiativ-Arbeit. Hier können und sollen sich Eltern einbringen und im Organismus wirksam werden. Darin besteht die eigentliche Chance für eine mehr oder weniger subtile und graswurzelartige Unterwanderung einer Institution, die vielfach erst zu spät erkannt wird und nicht selten zu massiven Konflikten oder gar einer Spaltung der Elternschaft oder Kollegien führen kann. Damit wird deutlich, dass sich für rechte und völkisch-nazistische Gruppen vor allem solch offene und dynamische Strukturen anbieten, ihre Interessen in die Institutionen einzubringen, die im Rahmen der Selbstverwaltung noch sehr beweglich sind. Gleiches gilt auch für Unterrichtende. Während die staatlichen Schulen u. a. durch das Schul- bzw. das Beamtenrecht klar verwaltet sind, die im Extremfall zur Entlassung der betreffenden Unterrichtenden führen können – wie am Beispiel des »Volkslehrers Nerling« 16 deutlich geworden –, ist die Selbstverwaltung an Waldorfschulen offenbar nicht immer angemessen auf entsprechende Zugriffe vorbereitet, was über repräsentative Fälle wie dem in Minden hinaus auch in der Coronazeit umso deutlicher wurde. 17 Damit ist kein Votum gegen eine kollegiale Selbstverwaltung ausgesprochen – ganz im Gegenteil –, sondern die Frage aufgeworfen, inwieweit Kenntnisse über rechte Unterwanderungsstrategien, Reichsbürger, Coronaleugner und Verschwörungsmystiker vorliegen und ob kommunikative und (selbst-)verwalterische Qualitätsstandards für leitend tätige Kolleg:innen diskutiert werden und Teil der personellen Fortbildungsstrategien sind. Hier scheint noch deutlicher Aufklärungsbedarf, dem sowohl vom Dachverband, den Landesverbänden wie auch den einzelnen Schulleitungen nachzukommen wäre, und zwar nicht reaktiv, sondern proaktiv, was nicht nur das oben zitierte Beispiel aus Minden deutlich macht.18

Möglicherweise werden die durch den Coronaleugner und Rechten sowie der Anastasiabewegung nahestehenden Ideologen und Pseudopädagogen Richardo Leppe 19 begleiteten Gründungen der »Schools of Bliss« 20 einige Familien aus diesem Spektrum von den Waldorfschulen abziehen, so den deutschlandweit angestrebten Gründungen 21 kein Riegel vorgeschoben wird. Dennoch: Die Waldorfschulen müssen sich dem Problem einer Unterwanderung durch entsprechend ideologisierte Eltern und verdeckt operierende Lehrkräfte, die aus eben diesem Grund an die Waldorfschule gegangen sind und ihrem »Hidden Curriculum« 22 folgen, stellen und vor diesem Hintergrund ein entsprechendes und für alle transparentes Qualitätsmanagement betreiben. Allerdings haben die Waldorfschulen auch über ihre Struktur hinaus das Problem, dass eine Umdeutung oder ideologische Synchronisation ihrer pädagogischen Implikation vorgenommen wird, wozu im Folgenden zwei Aspekte angesprochen werden sollen.

Zum Widerspruch zwischen Idee und Umdeutung – zwei Beispiele

Die angesprochenen Möglichkeiten der Waldorfschulen im Bereich der pädagogischen, curricularen und verwaltungstechnischen Autonomie können ein mehr oder weniger durchlässiges Einfallstor für die Unterwanderung darstellen. Durch die relative Unabhängigkeit von staatlicher Kontrolle ergibt sich ein wichtiger Aspekt für die formale Anschlussfähigkeit der rechten Szene. Inhaltlich ergeben sich weitere Aspekte, die zwar nicht von sich aus, aber über eine inhaltliche Synchronisierung mit der eigenen Ideologie für rechte Elternhäuser attraktiv werden können. Das meint in diesem Fall, dass beispielsweise Eltern mit einer entsprechenden ideologischen Ausrichtung zuhause die im Unterricht getätigten Aussagen oder behandelten Inhalte im Gespräch mit den Kindern synchronisieren und umdeuten können, indem sie diese thematisieren und in ihrem Sinn ergänzen – was an jeder Schule möglich ist. Die beiden folgenden Beispiele, die Autorität der/des Klassenlehrer:in und der Gartenbauunterricht, sind eine knappe Gegenüberstellung von waldorfpädagogischen Grundsätzen und ihrer ideologischen Verzerrung. Dies kann hier lediglich skizziert und damit auch als ein Hinweis auf ein umfassendes Desiderat verstanden werden.

Die liebevolle Autorität der Klassenlehrer:innen vs. Die Autorität eines Klassenführers

Natürlich wird mit Blick auf die deutsche Zeitgeschichte und das aktuelle Framing von rechts 23 kaum jemand offen von Führerprinzip sprechen, wohl aber von Autoritäten, mit einer vergleichbaren Konnotation von autoritärer Führung und Unterwerfung als sozial-kommunikatives Prinzip. Zum Selbstverständnis einer völkisch-nazistischen und autoritären Mentalität gehören die Hierarchie in den »Sippen« wie auch Institutionen, deren straffe Organisation nach dem gleichen Prinzip aufgebaut ist. 24 Ein Beispiel hierfür sind die mittlerweile verbotenen Organisationen »Wiking-Jugend« und »HDJ« (Heimattreue deutsche Jugend), die in ihrer Binnenorganisation und über Freizeitangebote wie Zeltlager ein ebensolches autoritär-hierarchisches System praktiziert hatten 25 und aktuell in anderen Organisationsformen agieren wie in den informellen Nachfolgeorganisationen »IG Fahrt und Lager« oder »Sturmvogel«. 26 Das System zielt darauf ab, eine Ordnung zu schaffen, in der Unterordnung ebenso vorausgesetzt wird wie Führungswillen gegenüber zugeordneten Untergebenen. Damit ist das Ziel verbunden, eine Subordinationsstruktur zu etablieren, die in Familie, Freizeit wie Gesellschaft angestrebt wird und als Basis für eine Herrschaftsordnung dient, die im NS-Jargon als »Germanische Demokratie« bezeichnet wird und damit Teil der ideologischen Ausrichtung völkisch-autoritärer und nazistischer Gruppen ist.27

Vor diesem Hintergrund ist der Begriff Autorität in der Waldorfpädagogik ein diametral entgegengesetzter und kann nur unter vollkommener Ausblendung des pädagogischen Konzeptes in obigem Sinne missverstanden werden. Leonhard Weiß fasst den Autoritätsbegriff Steiners wie folgt zusammen: »Denn […] nach dem Zahnwechsel ›tritt in der Menschennatur der Drang auf, von anderen etwas zu lernen auf Autorität hin, darauf hin, daß andere das schon können‹ (Steiner, 1998b, S. 72); sodass aus dieser ›Achtung‹, dem ›Respekt‹ vor dem, ›was die älteren Generationen schon erreicht haben‹ (vgl. Steiner, 1990b, S. 53), der Wunsch entstehen kann, es ebenso zu können, und damit das Kind ›das, was es aufnehmen soll, aufnimmt aus Liebe, aus Autorität zum Erzieher‹ (ebd., S. 55).« 28 Das bedeutet mit anderen Worten: Ein Kind will aus Interesse und durch Liebe und Achtung von Autoritäten lernen, letztere würden aus Liebe unterrichten. Dieser Ansatz wurde von Walter Riethmüller erziehungswissenschaftlich differenziert und in Bezug auf den waldorfpädagogischen Entwicklungsbegriff hin aktualisiert. Er führt aus, dass sich die Arbeit und damit die »Autorität« der/des Klassenlehrer:in (auch) in einer Begleitung der Individuationsprozesse legitimiert und seine Aufgabe darin besteht, die Selbstbildungskräfte der Kinder so zu fördern, dass sie sich ihrer Disposition und Individualität entsprechend entwickeln können. 29 Damit wird deutlich, dass sich der Begriff »Autorität« in der Waldorfpädagogik seit 1919 signifikant weiterentwickelt hat und sich als Teil einer entwicklungsgemäßen und die Individualität fördernden Begleitung darstellt. Sinnvoll in diesem Zusammenhang ist eine begründete kritische Perspektive auf dieses Prinzip zu ergänzen. 30 Helsper et al. sehen im Verständnis der Autorität der Klassenlehrer:innen eine kritische Gratwanderung, sollte die Lehrer:innenprofession an dieser Stelle versagen. Sie befürchten, dass die »liebevolle« pädagogische Autorität der Klassenlehrer:innen entgegen dem ursprünglichen Anspruch – bewusst oder unbewusst – missbraucht werden und ein Unterwerfungssystem entstehen könnte.31 Erst die von Helsper et al. befürchtete Entgleisung und damit Pervertierung der waldorfpädagogischen Idee von »Autorität« entspräche also dem, was in einer rechten Umdeutung tatsächlich intendiert würde. Vor diesem Hintergrund wird noch einmal deutlich, dass also in keiner Weise von einer wirklichen Anschlussfähigkeit gesprochen werden kann.

Gartenbau als lebendige Welterfahrung in der Kindheit vs. Siedlungsgedanke, völkischer »Heimatschutz« und »Volksgesundheit«

Bereits am Ende des 19. Jahrhunderts begannen völkische Gruppen damit, aufs Land zu ziehen, »Sippengemeinschaften« zu gründen, die »heimatliche Scholle« ideologisch mit dem »deutschen Blut« zu verknüpfen und vegetarische Lebensformen, »arteigene« Rituale und Tänze sowie eine »germanische Naturheilpraktik« etc. zu begründen.32 Das Ziel ist offenbar: Das Land sollte bevölkert werden, und zwar ›arteigen‹, und das Landleben dem Metropolenleben vorgezogen werden, da es die »Volksgesundheit« fördere und (der Fantasie) einer »germanischen Lebensform« am nächsten komme. Die wohl radikalste und bekannteste Gruppe der 1920er/30er Jahre waren die Artamanen, deren prominenteste »Siedler« Rudolf Höss (Auschwitzkommandant) und Heinrich Himmler (»Reichsführer SS«) maßgebliche Figuren in der Umsetzung des Holocausts und des Vernichtungskriegs des nationalsozialistischen Deutschlands waren. Seit den 1990er Jahren wurden viele Höfe der damals in Güstrow (Mecklenburg-Vorpommern) agierenden Artamanen von völkisch-nazistischen Familien aufgekauft und wiederbelebt, die sich als Neo-Artamanen bezeichnen.33 Allerdings ist die Gruppe der als »Völkische Siedler:innen« bezeichneten Familien bzw. »Sippen« alles andere als homogen, wie Andreas Speit und Andrea Röpke in ihrer Dokumentation »Völkische Landnahme« dargestellt haben.34 Nach wie vor ist die seit 1926 praktizierte Graswurzelstrategie Teil der Idee, ganze Dörfer zu übernehmen und eine »arteigene« Lebensform zu praktizieren, ohne sich als völkische Gruppen zu outen. Im Gegenteil: Jede Zuordnung in das rechte Lager wird geleugnet und abgestritten. In Anlehnung an das Bild des gesunden, mit seinen Händen die eigene Scholle beackernden und fortpflanzungsfreudigen Landmenschen, das im Gegensatz zu dem des »degenerierten Großstädters« steht, liegt ein wesentliches Interesse dieser Gruppen darin, das Landleben als eine Form des ideologischen Kampfes um »Lebensraum« und »Volksgesundheit« zu betreiben.35

Was gleichermaßen für die Landbauepoche der dritten Klasse wie auch den Gartenbauunterricht und die darin verankerte biologisch-organische bzw. biologisch-dynamische Landwirtschaftsweise intendiert ist, liegt hingegen auf einer völlig anderen Ebene. Hier werden die Willenskräfte und ihre Wirkung im Zusammenspiel mit den natürlichen Wachstumsprozessen sowie die Erfahrung der kulturellen Wirksamkeit menschlichen Handelns im Einklang mit der Natur ebenso intendiert wie eine kritische Haltung gegenüber den zerstörerischen Kräften innerhalb der Gesellschaft, was auch fächerübergreifend thematisiert wird. Hierzu gehört es, so der Richterlehrplan, ein »innere[s] Verständnis der Naturzusammenhänge« zu entwickeln und in der »mehrjährigen Arbeit im Schulgarten und bei der Beobachtung der Naturprozesse« einen »Schatz von Erfahrungen und eine Ahnung der Kulturaufgabe des Menschen« zu gewinnen, was »in Verknüpfung mit anderen Unterrichtsthemen und -gebieten wie Biologie, Geschichte, Sozialkunde etc.« zu einer ganzheitlichen Handwerks- und Kulturerfahrung werden soll.36 Diese etwas pathetischen Formulierungen deuten bereits an, dass es im Gartenbauunterricht nicht nur um gesunde Lebensmittel geht, sondern auch um eine u. a. kulturgeschichtlich begründete und zukunftsfähige Perspektive auf das Zusammenleben von Mensch und Natur. Diese hat sich seit den Sesshaftwerdungsprozessen im Mesolithikum auf der einen Seite in einem produktiven Miteinander entwickelt. Auf der anderen Seite soll mit dem Gartenbauunterricht im fächerübergreifenden Zusammenspiel dem zerstörerischen Moment des Anthropozäns entgegengewirkt werden und zwar im Sinne eines universalen 37 Gedankens, wenn es heißt: »Die Erfahrung, dass man durch die Pflege der Landschaft und durch die Sorge für Pflanzen und Tiere der schleichenden Naturzerstörung etwas Aufbauendes entgegenzusetzen hat, kann helfen, Mut für Veränderungsprozesse aller Art zu gewinnen.« 38 Mit Blick auf die eingangs dargestellte Kategorie des »ethischen Individualismus« als einen Wesenskern der Waldorfpädagogik tut auch der Gartenbauunterricht auf dieser Ebene seinen Teil dazu, eine »Erziehung zur Freiheit« jenseits identitärer Bindungen und Begrenzungen zu ermöglichen. Dies geschieht sowohl in den Unterrichten der Mittelstufe als auch in der Oberstufe, welche den Schüler:innen zu einem wachsenden Bewusstsein im Miteinander von Mensch und Umwelt verhelfen sollen. Dass in dieser Hinsicht im waldorfpädagogischen Kosmos kein Platz für eine rassistische oder chauvinistische Bewertung oder Einteilung von Naturräumen ist, liegt auf der Hand, und dass die Vorstellung von Heimat damit eine kulturelle und keine »arteigene« im völkischen Sinne sein kann, ebenso. Damit ist der für den Gartenbauunterricht zugrunde gelegte Kultur- und Kultivierungsbegriff der Waldorfpädagogik ebenso wie in den anderen Beispielen Teil des in der Waldorfpädagogik angesetzten universellen Wirksamkeits- und Freiheitsbegriffs, der einer tribalen oder völkischen Deutung diametral entgegensteht.

Zum Abschluss

Die genannten Beispiele machen deutlich, dass die Waldorfpädagogik gerade nicht anschlussfähig ist an rechte, völkische, nazistische oder identitäre Ideologismen. Ihre Attraktivität für die genannten Gruppen liegt damit nicht in den spezifischen Curricula, Methoden und schon gar nicht in ihrer (pädagogischen) Anthropologie oder den pädagogischen Implikationen (bspw. Rolle der Klassenlehrer:innen). Vielmehr ergeben sich neben einer oftmals willkürlichen völkischen Umdeutung von Zitaten Rudolf Steiners für den Kampf um die Deutungshoheit über sein Werk 39 Möglichkeiten für eine strukturelle Unterwanderung, da die Waldorfschulen bzw. KITAs Vereine, Genossenschaften und Elterninitiativschulen sind, also Räume, in denen sich Eltern aktiv einbringen und in unterschiedlicher Form engagieren können. Damit ist eine Unterwanderungsgefahr nicht in den Inhalten und Methoden der Waldorfpädagogik zu begründen, sondern mit den organisatorischen Strukturen der Einrichtungen.

Vor diesem Hintergrund reicht es allerdings nicht aus, einen wachen Blick auf Eltern und Kinder zu haben, auch ist ein wacher Umgang in den Kollegien untereinander vonnöten, wie eine Vielzahl von Fällen gezeigt hat – auch in dieser Richtung wird im Einzelnen ein potentieller Kampf um die Deutungshoheit der Waldorfpädagogik erkennbar. In der Vergangenheit erfolgte dieser entweder durch einzelne Protagonisten wie Schröppe, Gruppen wie als Völkische Siedler:innen bezeichnete völkisch-nazistische Öko-Bewegungen oder Gemeinschaften wie die völkisch-esoterische Anastasia-Bewegung 40 und ihre Ideologismen und Konzepte. Auch wenn die Gratwanderung zwischen Misstrauen und Vertrauen, Wachsamkeit und Offenheit und einem spezifischen Problembewusstsein gegenüber rechten und nazistischen Strömungen gerade für Waldorfschulen und ihre offene gesellschaftliche Ausrichtung etwas unbequem ist: Es bedarf aktuell wie langfristig eines aufmerksamen Blickes auf aktuelle politische und gesellschaftliche Prozesse und damit zusammenhängend auch auf deren Wirkung in Elternschaft, Kollegien und die Schüler:innenschaft hinein. Nur so können durch Aufklärung, Diskurs und Abgrenzung Unterwanderungsbewegungen und Einflussnahmen ebenso verhindert werden wie ungewollte Positionen und Einflüsse, sowohl intern auf Schul-Ebene, wie auch auf LAG-Ebene und auf Bundesverbands-Ebene. Dies beutetet auch, Auffälligkeiten und signifikante Widersprüche klar zu benennen und nicht jede Äußerung verschwörungsmythischer, rechter oder nazistischer Couleur als Teil eines seriösen Diskurses zu akzeptieren oder zu betrachten, sondern klar zu trennen zwischen Meinung, Meinungsfreiheit und sachlich falschen oder manipulativen Darstellungen, um so weiterhin der Waldorfpädagogik und ihrem (tatsächlichen) Freiheitsimpuls gerecht zu werden.

Anmerkungen

1 Vgl. bspw. die Darstellung im Deutschlandfunk Peter Podjavorsek: »Der Bio-Nazi von nebenan« https://www.deutschlandfunkkultur.de/voelkische-siedler-im-laendlichen-raum-der-bio-nazi-von-100.html. (21. 02. 2017) Siehe auch Stephan Braun, Alexander Geisler und Martin Gerster (Hrsg.): Stra­tegien der extremen Rechten. Hintergründe – Analysen – Antworten. Verlag für Sozialwissenschaften: Wiesbaden 2009.

2 Problematisch ist an diesem Punkt, dass beispielsweise der Bericht zur Aufarbei­tung der Ereignisse an der Mindener Waldorfschule konstatierte, es gebe meh­rere Übereinstimmungen der rechten Unitarierbewegung mit der Anthroposo­phie, weshalb Schröppe nicht aufgefallen sei: »… neben der Achtung der Natur, die Liebe zu den Menschen und der Glaube an geistige Mächte«. Das Problem dieser in die Öffentlichkeit geratenen Einschätzung ist die Gleichsetzung rechtsextremer Esoterik, Blut-und-Bodenideologie und vermeintlicher »Liebe zu den Menschen« (ohne Einschränkung) mit der Anthroposophie. Das ist eine grundfalsche Aussage, die von absolutem Unwissen gegenüber der nazistischen Ideologie zeugt, was auch Andrea Röpke und Andreas Speit zurecht kritisiert haben. Andrea Röpke und Andreas Speit: Völkische Landnahme. Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos. Ch. Links Verlag: Berlin 2019, S. 172.

3 von Bremen, Egon (Hrsg.): Die preußische Volksschule, Gesetze und Verord­nungen. Stuttgart und Berlin 1905.

4 Rudolf Steiner: Die geistig-seelischen Grundkräfte der Erziehungskunst. Rudolf Steiner Verlag: Dornach 21979 (GA 305), S. 157 f. Siehe auch Frank Steinwachs: Das Lehrplankonzept an Waldorfschulen. Grund­legung, Kritik und Desiderate. In: Angelika Wiehl (Hrsg.): Studienbuch Wal­dorf-Schulpädagogik. utb-Klinkhardt: Bad Heilbrunn 2019, S. 164 f.

5 Vgl. Rudolf Steiner: Die Philosophie der Freiheit. Rudolf Steiner Verlag: Dor­nach 1973 (GA 4), S. 160 f. Siehe aktuell Michael M. Zech: Die Gründungsidee der Waldorfschulen und das Problem der Schul- bzw. Lehrerautonomie im internationalen Kontext. In: Heiner Barz (Hrsg.): Unterrichten an Waldorfschulen. Berufsbild Waldorflehrer: Neue Perspektiven zu Praxis, Forschung, Ausbildung. Wiesbaden 2013, S. 30 f.

6 Vgl. seine Rolle in den Konferenzprotokollen der Stuttgarter Schule. Steiner, Rudolf: Konferenzen mit den Lehrern der Freien Waldorfschule in Stuttgart 1919 – 1924. 3 Bde. Basel 52019 (GA 300a-c).

7 In dieser Hinsicht irreführend Klaus Prange: Erziehung zur Anthroposophie. Klinkhardt: Bad Heilbrunn 1987. Neuer und ohne die Rezeption der aktuellen Literatur zur Waldorfpädagogik Stefan Geuenich: Die Waldorfpädagogik im 21. Jh. LIT-Verlag: Münster 2009.

8 Bspw. die Aneignung Steiners durch Jonas Glaser im Compact Magazin: https://www.compact-online.de/der-erste-querdenker-rudolf-steiner-und-die-corona-krise/. Siehe hierzu auch den Beitrag von Markus Schulze in dieser Ausgabe.

9 Deutungshoheit bezieht sich hier auf die mit dem BdFWS verbundenen In­stitutionen und ihre verbandsspezifischen Grundlagen, nicht auf mögliche Forschungsdiskurse, die sich empirisch oder kritisch mit der Pädagogik beschäf­tigen. Das wäre ein anderes Feld, in das der BdFWS sich zwar kommentierend in den Diskurs einbringen kann und soll, aber aus wissenschaftsethischen Gründen keine Deutungshoheit beanspruchen darf.

10 Vgl. hierzu gut auf den Punkt gebracht Jost Schieren: Waldorfpädagogik und Erziehungswissenschaft – Eine Neubesinnung. In: Dirk Rohde (Hrsg.): Wal­dorfpädagogik – eine Bestandsaufnahme. Erziehungswissenschaftliche Studien. Beltz-Juventa: Weinheim und Basel 2021, S. 23 – 38, hier bes. S. 32 f.

11 Uwe Werner: Die Waldorfschulen im Nationalsozialismus. BdFWS: Stuttgart 2017. Durch einen Erlass vom 12. März 1936 wurde die Arbeit an den WS ein­geschränkt und führte neben massiven internen Auseinandersetzungen um die »Gleichschaltung« in Teilen der Kollegien zum Versuch, Widerstand im prakti­schen Schulleben gegen die staatliche Vereinnahmung (S. 56 ff.) zu leisten. Dies wurde als »Glockenversuch« (S. 81 f.) bezeichnet und führte nach dem endgülti­gen Scheitern 1941 zur Selbstauflösung der letzten Waldorfschulen in Deutsch­land (S. 76 f.).

12 Vgl. grundlegend Uwe Werner: Anthroposophen in der Zeit des Nationalsozia­lismus (1933 – 1945). Oldenbourg Verlag: München 1999. Zur Abgrenzung siehe (nicht auf die Schule bezogen, aber als erste Ausein­andersetzung nach 1945) Karl Heyer: Wenn die Götter den Tempel verlassen. Novalis Verlag Freiburg/Br. 1947.

13 Mit welcher merkwürdigen Berechtigung der Beitrag einer bekennenden Identi­tären und rechtsextremen Publizistin nach wie vor auf Anthroblog.de steht, sei dahingestellt: Vgl. https://anthroblog.anthroweb.info/2017/denkverbote-gegen-die-angst-vor-rassismusvorwuerfen/.

14 Vgl. Amadeu Antonio Stiftung (Hrsg.): Völkische Sieder/Innen im ländlichen Raum, https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/w/files/pdfs/voelkische_siedler_web.pdf, S. 26 ff.

15 Vgl. Röpke/Speit: Völkische Landnahme.

16 Vgl. zu seiner Entlassung https://www.tagesspiegel.de/berlin/rechtsextreme-positionen-auf-youtube-volkslehrer-wird-nicht-mehr-unterrichten/25000094.html.

17 Siehe hierzu den Beitrag von Markus Schulze in diesem Band.

18 Siehe Anm. 2.

19 Siehe die Seite von Ricardo Leppe https://www.wirsindfrei.com.

20 https://taz.de/Querdenker-wollen-selbst-lehren/!5777380/.

21 Vgl. den entsprechen Chat in der Telegramgruppe: tg://resolve?domain=schoolofbliss und die entsprechenden Seiten bei Leppe selbst: https://www.wirsindfrei.com

22 Vgl. zum Phänomen bspw. Künzli, Rudolf; Fries, Anna-Verena; Hürlimann, Werner und Rosenmund, Moritz: Der Lehrplan – Programm der Schule. Beltz Juventa: Weinheim und Basel 2016, S. 197.

23 Vgl. zum Einstieg Bericht und Interview mit Matthias Quent in: https://www.freitag.de/autoren/jamal-tuschick/fatales-framing-oder-politisches-tourette.

24 Vgl. Hechler: Funktionalisierte Kinder. Kindeswohlgefährdung in Neonazifa­milien – eine Hilfestellung für Fachkräfte in den Bereichen Recht und (Sozial-)Pädagogik. Lidicehaus: Bremen 22021, s. dort bes. S. 20 ff. Siehe auch Amadeu Antonio Stiftung (Hrsg.): Land Unter? Handlungsempfehlungen zum Umgang mit völkischen Siedler*innen. (kein Ort) 2020, S. 24 ff.

25 Röpke, Andrea: »Ideologische Erziehung« / Ex-Kader der verbotenen Wiking-Jugend und NPD-Ordner beim Zeltlager der Heimattreuen Deutschen Jugend. http://www.hiergeblieben.de/pages/textanzeige.php?limit=20&order=titel&richtung=ASC&z=6&id=10081.

Siehe auch den Aussteigerbericht von Heidi Benneckenstein: Ein deutsches Mädchen – Mein Leben in einer Neonazifamilie. Klett-Cotta: Stuttgart 2017.

26 Eine rechtsradikal orientierte Freizeitagentur im Umfeld der Jungen Nationalisten, der vom Verfassungsschutz beobachteten Jugendorganisation der NPD, die lange unter der Leitung des ehemaligen HDJ-Mitgliedes und NPD-Kaders Sebastian Richter stand (siehe u. a. Bundestagdrucksache 17/9785 vom 24. 05. 2012.) Vgl. auch Jesko Wrede: … nicht bloß harmlose Pfadfinder: Völkische Bünde (https://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtsextremismus/229984/-nicht-bloss-harmlose-pfadfinder-voelkische-jugendbuende vom 07. 07. 2016).

27 Adolf Hitler: Mein Kampf. Eine kritische Edition. Hrsg. von Christian Hartman, Thomas Vordermayer, Othmar Plöckinger, Roman Töppel im Auftrag des Instituts für Zeitgeschichte, München, Berlin 2016, S. 287.

28 Leonhard Weiss: Individualität und Anerkennung. Bildungsphilosophische Perspektiven der Waldorfpädagogik. Eine Grundlegung. LIT: Wien 2020, S. 129 f.

29 Walter Riethmüller: Waldorfpädagogik und Entwicklungspsychologie in der frühen Kindheit. In: Jost Schieren (Hrsg.): Handbuch Waldorfpädagogik und Erziehungswissenschaften. Standortbestimmungen und Entwicklungsperspektiven. Beltz-Juventa: Weinheim und Basel 2016, S. 254 – 271.

30 Heiner Ullrich: Die Bedeutung der Lehrerpersönlichkeit für die Bildungsprozesse Heranwachsender. Empirische Befunde zur Klassenlehrerpädagogik an Waldorfschulen. In: Jochen Krautz und Jost Schieren (Hrsg.): Persönlichkeit und Beziehung als Grundlage der Pädagogik. Beltz-Juventa: Weinheim und Basel 2013, S. 95 – 113.

31 Vgl. Helsper/Ullrich/Stelmaszyk/Höblich/Graßhoff/Jung: Autorität und Schule. Die empirische Rekonstruktion der Klassenlehrer-Schüler-Beziehung an Waldorfschulen. VS-Verlag: Wiesbaden 2007, S. 44 ff.

32 Vgl. Bernd Wedemeyer-Kolwe: Aufbruch. Lebensreform in Deutschland. PHvZ: Darmstadt 2017, S. 7. Siehe auch Heinrich-Böll-Stiftung Thüringen e.V. (Hrsg.): Naturliebe und Menschenhass: Völkische Siedler*innen in Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Hessen und Bayern. Erfurt 2020, hier bes. S. 4 – 10.

33 Amadeu Antonio Stiftung (Hrsg.): Völkische Siedler/innen im ländlichen Raum. Basiswissen und Handlungsstrategien. Berlin o. J., S. 25.

34 Röpke/Speit: Völkische Landnahme, S. 45 ff.

35 Vgl. am Beispiel Niedersachsen und den Landkreis Uelzen als einer der deutschen Hotspots der völkischen Siedlungsbewegung die Dokumentation der Amadeu Antoni Stiftung (Hrsg.): »Die letzten von gestern, die ersten von morgen? Völkischer Rechtsextremismus in Niedersachsen. AAS: Hannover 2017, S. 10 (u. a.).

36 Tobias Richter (Hrsg.): Pädagogischer Auftrag und Unterrichtsziele – Vom Lehrplan der Waldorfschule. Freies Geistesleben: Stuttgart, S. 668.

37 Mit aller Vorsicht sei darauf hingewiesen, dass die Waldorfpädagogik als eine international wirksame Bewegung in diesen Formulierungen nicht einen postkolonial-universalen Geltungsanspruch formuliert, sondern einem universellen Freiheitsbegriff folgt, der sich nicht auf einzelne privilegierte Gruppen und ihre synthetisch oder ideologisch definierten Ziele beziehen kann und will. Vgl. hierzu u. a. Christiane Adam und Albert Schmelzer (Hrsg.): Interkulturalität und Waldorfpädagogik. Beltz-Juventa: Weinheim und Basel 2019. Siehe auch Martyn Rawson und Frank Steinwachs (Hrsg.): Waldorfschule, Interkulturalität und postkoloniale Haltung. Versuch einer Annäherung (erscheint 2022 in Peter Lang Verlag: Frankfurt/Main et al.).

38 Richter: Pädagogischer Auftrag, S. 669.

39 Ein Ansinnen, das wegen der Verbandsstruktur und ihrer formalen Deutungshoheit über das Selbst(!)-Verständnis der Waldorfpädagogik kurzfristig kein Problem darstellt, wo alternative Lesarten aber durchaus ihre Plattformen finden können.

40 Vgl. Versuchte Einflussnahmen der Anastasia-Bewegung auf pädagogische Einrichtungen, wobei ein möglicher Einfluss auf Waldorfschulen in dieser Hinsicht noch nicht dokumentiert wurde. Fachstelle infoSekta (Hrsg.): Einordnung der Anastasia-Bewegung im rechtsesoterischen Spektrum. Einfluss der Bewegung auf Bildungsangebote, mögliche Folgen bezüglich Gesundheitsverhalten und Konsequenzen hinsichtlich Erziehungskonzepten, Zürich 2016 (http://www.infosekta.ch/media/pdf/Anastasia-Bewegung_10112016_.pdf).

Von Frank Steinwachs