Kündigung von Lehrkräften, die Corona leugnen

Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 9.11.2021, Az 9 Ca 163/21, in: R&B 2021-4, S.22 f., https://institut-ifbb.de/wp-content/uploads/2022/11/WEB_RuB_Heft_04_2021_22122021.pdf

Das Arbeitsgericht Darmstadt teilt in einer Pressemeldung vom 30.11.2021 mit, dass es die Kündigungsschutzklage eines Lehrers im Zusammenhang mit corona-leugnenden Aussagen abgewiesen hat.

Auch an Schulen in freier Trägerschaft ist es seit Beginn der Pandemie zu Auseinandersetzungen mit Lehrkräften gekommen, die sich dem Maskentragen verweigert haben, Schüler*innen aufgefordert haben, keine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen oder sogar gesundheitliche Risiken beschworen haben, die für Schülerinnen und Schüler mit dem Tragen von Masken verbunden seien. Teilweise im selben Atemzug wurde und wird die Positionen vertreten, dass das neuartige Coronavirus entweder Fiktion oder tatsächliches Resultat einer Verschwörung finsterer Mächte sei. Gleichzeitig stilisieren sich einige derjenigen, die diese Auffassungen im vollen Licht der Öffentlichkeit ungehindert ausbreiten, als Opfer einer Meinungsdiktatur, die sie mit den politischen Bedingungen während der NS-Zeit vergleichen. Dabei sollen gleichermaßen die verfassungsmäßigen Verhältnisse in der Bundesrepublik delegitimiert wie die politischen Verhältnisse zur Zeit des Nationalsozialismus relativiert werden.

Im entschiedenen Fall kamen alle vorgenannten Punkte zusammen und das Land Hessen hat sich mit der arbeitsrechtlichen Kündigung des Lehrers in einer Klarheit positioniert, die auch freien Schul- und Kindergartenträgern zu empfehlen ist, sofern sie dies nicht sowieso schon getan haben. Verhaltensweisen wie die oben geschilderten sanktionslos hinzunehmen, stellt neben der Glaubwürdigkeit, am demokratischen Erziehungs- und Bildungsauftrag mitwirken zu wollen, auch die Eignung des Schulträgers in Frage, die nach den Gesetzen der Bundesländer Genehmigungsvoraussetzung für den Betrieb freier Schulen ist.

Aus der Presseerklärung:

„Im November 2020 mahnte das staatliche Schulamt den Kläger unter anderem deshalb ab, weil er selbst den Mund-Nasen- Schutz nur bis unterhalb der Nase trug, gegenüber den Schülern das Maskentragen als völlig nutzlos bezeichnete, ihnen gegenüber ferner die Covid19-Pandemie als Verschwörung der weltweiten Pharmaindustrie bezeichnet und ihre Existenz geleugnet habe. Nach der Behauptung des beklagten Landes Hessen tolerierte der Kläger danach weiterhin, dass Schüler und Schülerinnen den Mund-Nasen-Schutz nicht trugen, und unterließ das Lüften des Klassenraumes. Darüber hinaus habe er geäußert, es wurden die ersten KZ für Impfgegner wiederaufgebaut werden und er selbst müsse sich darauf einstellen, in ein KZ zu kommen, wenn er sich nicht impfen lassen werde. Weiterhin habe er Covid19 als reine Lüge bezeichnet. (…)

Zusammengefasst hat das Gericht nach Vernehmung mehrerer Zeugen diese Entscheidung wie folgt begründet: Trotz entsprechender Abmahnung, wobei hier eine Abmahnung vor dem Ausspruch einer Kündigung sogar entbehrlich gewesen sei, habe der Kläger keine Einsicht dahingehend gezeigt, dass Arbeitsschutzvorschriften unabhängig von seinen persönlichen Ansichten einzuhalten sind, sondern sich durchgehend auf seine Meinungsfreiheit berufen. Im Falle seiner Rückkehr an den Arbeitsplatz sei zu befürchten, dass er weiterhin offenkundige Tatsachen als diskutierbare Meinungsäußerungen bewerten, die Schüler und Schülerinnen verunsichern und die rechtlich zwingend vorgegebenen Infektions- und Arbeitsschutzmaßnahmen in Zweifel ziehen sowie deren Durchsetzung gefährden werde. Zudem müsse das beklagte Land es nicht hinnehmen, dass der – keine Einsicht zeigende – Kläger weiterhin völlig fernliegende Vergleiche zwischen der Verpflichtung, Infektionsschutzmaßnahmen zu befolgen, und Gewissensentscheidungen oder Verhältnissen in der Nazidiktatur anstellen oder zumindest anregen werde.“

Das Urteil lässt an Deutlichkeit nichts vermissen und kann bis auf Weiteres auch als Orientierungspunkt für Schulen in freier Trägerschaft dienen. „Bis auf Weiteres“ deshalb, weil das Urteil noch nicht rechtskräftig und die Berufung demnach möglich ist.


Von Martin Malcherek